Neophyten im Triestingtal - Interview mit Julian Pleyer

Botaniker Julian Pleyer zeichnet Neophyten im Triestingtal auf

Was sind NEOPHYTEN im Triestingtal – eine kurze Erklärung:

Unter NEOPHYTEN versteht man – laut Duden – Pflanzen, die durch Menschen bewusst oder unbewusst in Gebiete eingebracht wurden, in denen sie ursprünglich nicht vorkamen. Es handelt sich also um „gebietsfremde Pflanzen“. Dieses Phänomen ist also nicht auf das Triestingtal beschränkt, aber es existiert eben auch hier.

Entlang dieser Vorkommen  – so auch im Triestingtal - beginnen zwischen den NEOPHYTEN und den ursprünglich hier heimischen Pflanzen ein Konkurrenzkampf um Lebensraum und Nährstoffe, bei dem es meistens einen Sieger gibt, der andere Arten verdrängt. Der japanische Staudenknöterich beispielsweise, eine sehr schnell wachsende, grüne und krautige Pflanze, breitet sich an manchen Flussufern so stark aus, dass andere Pflanzen keine Chance mehr haben.

Neophyten entlang der Triesting

Was kaum bekannt ist: Die Schäden durch solche eingewanderten Arten stiegen seit der Jahrtausendwende viel schneller als jene, die durch Naturkatastrophen – wie etwa Überflutungen durch Hochwasser – hervorgerufen werden. Das hat eine internationale Studie erst vor kurzem belegt.

Wer hat ein Auge auf NEOPHYTEN im Triestingtal?

Weil die Pflege der Flussufer an der Triesting und ihren Nebenflüssen in unserer Region in die Zuständigkeit des Triesting Wasserverbandes fällt, ist der richtige Umgang mit diesen eingewanderten Pflanzen zu einer wichtigen Aufgabe der Mitgliedsgemeinden des Verbandes geworden. Das Thema „NEOPHYTEN-Management“ – also zum Beispiel Beobachtung, Erfassung, Eindämmung, Entsorgung und Neubepflanzung –   wird nun von Grund auf angegangen.

Als erster Schritt will der Triesting Wasserverband nun wissen, welche NEOPHYTEN derzeit entlang der Triestingtaler Flussufer existieren und an welchen Standorten. Mit der geografischen Erfassung und Dokumentation des aktuellen Bestandes wurde ein Botaniker – Julian Pleyer – beauftragt. Das Redaktionsteam von www.triesting-wasserverband.at begleitet ihn bei seiner Arbeit:

Julian Pleyer im Portrait

Julian Pleyer machte sich im Auftrag des Triesting Wasserverbandes auf die Spur der Neophyten

„…als wäre man in einer anderen Welt“ – Gewässer-Botaniker kartierte die Vielfalt der Pflanzenarten an der Triesting

Zwischen Kaumberg und Tattendorf war kürzlich ein freischaffender Botaniker im Auftrag des Triesting Wasserverbandes in ökologischer Mission unterwegs. Sein Name: Julian Pleyer. Er wanderte kilometerlang die Ufer der Triesting und jene ihrer Nebenflüsse ab, um bestimmte Pflanzen – sogenannte Neophyten – zu identifizieren und deren „Zuhause“ exakt in eine elektronische Landkarte einzuzeichnen. Warum der Aufwand?

Nun, diese Pflanzen sind im Triestingtal weder heimisch, noch erwünscht. Aufgrund ihrer teilweise explosionsartigen Verbreitung in Gebieten, in denen das ökologische Gleichgewicht durch menschliche Eingriffe gestört wurde, können die Neophyten den Lebensraum der hier ansässigen Pflanzen besetzen und diese verdrängen. Im ersten Interview spricht Julian Pleyer über seine Erlebnisse während seines botanischen Einsatzes an der Triesting.

Wie lange waren Sie im Tal unterwegs waren und wie viele Kilometer haben Sie dabei zurückgelegt? 

Insgesamt war ich 18 Tage im Feld forschend unterwegs. Dabei habe ich rund 125 km entlang des Flusslaufes zu Fuß erkundet. Ich habe mir die Etappen so eingeteilt, dass ich ein Fahrrad am Ende eines Kartierabschnittes abgestellt habe. Dann bin ich mit dem Auto im Tal flussabwärts gefahren und habe dann zu Fuß am Weg zurück zum Fahrrad die Pflanzen gesucht und in die Karte eingezeichnet. Danach gings wieder mit dem Fahrrad zum Standort meines Autos.

Wie haben Sie die Flusslandschaft der Triesting dabei erlebt? 

Im ersten Teil – vom oberen Triestingtal bis ungefähr Berndorf – konnte man noch recht gut neben dem Fluss entlanglaufen. Das war dann schwieriger in bebautem Gelände, ab dort bin ich manchmal bis zur Hüfte im Wasser einen großen Teil des Laufes im Fluss gelaufen. Wenn man sich im Fluss befindet, erscheint es manchmal als wäre man in einer anderen Welt, obwohl auf den Seiten des Flusses manchmal nur 5 m Gehölzbestand besteht, erscheint es streckenweise von innen, als ob herum Wildnis wäre. Da fällt einem gleich wieder die wichtige Funktion von Flussbetten als Korridore für Tiere und Pflanzen auf. Die Triesting erfüllt auf recht langen Teilstrecken diese Funktion sehr gut. 

Julian Pleyer neben der Triesting bei der Arbeit

Hatten Sie – während Ihrer Arbeit am Fluss – eine Begegnung mit Einheimischen oder Wanderern, denen Sie erklären mussten, was Sie hier machen? 

Es lässt sich entlang eines Flusslaufes nicht vermeiden, dass man auf Privatgrundstücke kommt. An der Triesting wechseln sich die Besitzer manchmal im 50m Abstand ab. Dabei laufe ich auch durch Äcker, Viehweiden, krieche hinter Mauern von Industrieanlagen durch die Böschungsvegetation, muss auch manchmal über Privatwege fahren und in Privatgärten hineinschauen. Manchmal wird man dabei neugierig beobachtet, manchmal aber auch mit der Frage konfrontiert, was man denn auf dem Grundstück zu suchen habe. Es ist dann wichtig, dass man erklärt, was man tut und fragt ob das passt wenn man da durchläuft. 

Dabei stoße ich eigentlich in den meisten Fällen auf reges Interesse und Verständnis bezüglich meiner Arbeit. Gerade an der Triesting sind sich die meisten Landbesitzer schon der Problematiken von Neophyten für ihre Arbeit bewusst. Auch die Arbeit des Triesting Wasserverbandes wird geschätzt, so dass ich da meist auf Verständnis gestoßen bin.

Zur Person – Julian Pleyer: 

Wo sind Sie geboren? 

Ich komme aus Tirol, bin in Innsbruck geboren und aufgewachsen. 

Wie lautet Ihre korrekte Berufsbezeichnung heute und welche Ausbildung haben Sie dafür absolviert? 

Ich habe ein Soziologie- und ein Biologiestudium in Wien absolviert und danach die Ausbildung als Fachkraft für Neophytenmanagement ÖWAV abgeschlossen. Heute bin ich freischaffender Botaniker.

Wie lange arbeiten Sie schon an der Eindämmung der Neophyten? Und was ist dabei ihre Hauptmotivation? 

Ich arbeite nun schon 3 Jahre im vegetationsökologischen Bereich. Neophyten habe ich mich im letzten Jahr intensiver zugewandt. 

Mich fasziniert der Zwischenraum, in dem sich vegetationsökologische Prozesse und kulturelle Prozesse ungewollt begegnen. An den Orten dieser Begegnung etablieren sich meist voneinander gestörte Einflusssphären, in denen viele Pflanzen ihre Nische gefunden haben, einige davon sind Neophyten. 

Neophyten zwingen uns ihre Präsenz auf und dadurch entsteht für uns die Notwendigkeit, uns mit ihnen nähergehend und dauerhaft auseinanderzusetzen. Sie sind daher ein guter Ansatzpunkt, um eine differenzierte Vermittlung und einen sinnvollen Umgang mit den Lebensräumen, die in unserer Kulturlandschaft existieren, zu etablieren.

Julian Pleyer im Dickicht entlang der Triesting